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.Das nannte man Rücksichtnahme.Will ging hinüber ins Wohnzimmer, stellte sich vor die gemeinsame CD-Sammlung und überlegte, auf welche Scheibe er unter keinen Umständen verzichten wollte.Es fand sich keine einzige.Alles war eingetrübt durch die sechs Jahre mit Vera: Queen, »We will rock you« – das hatte er immer aufgelegt, wenn er dem Krach von oben etwas entgegensetzen wollte.Andrea Bocelli – um Himmels willen, das war nicht sein Ding, sondern Veras, aber sie hatten immer so traumhaft schön gevögelt dabei.Tom Waits – ja, das schon eher.Das war Musik, die Vera nicht mochte.Er zog die CD aus dem Regal und legte sie in die Bücherkiste.Und plötzlich war alles ganz einfach.Heute morgen noch hatte er Bilanz gezogen, hatte Vera in Gedanken vorgerechnet, was er vor sechs Jahren in ihren gemeinsamen Haushalt eingebracht hatte und worauf er deshalb einen knüppelharten Anspruch besaß.Und jetzt hätte er ihr am liebsten alles dagelassen, all den Ballast, der sich in einem Menschenleben so ansammelt.Nur der Schreibtischsessel mußte mit.Und, blöderweise, die Steuerunterlagen.Jetzt hörte er schwere Schritte über sich.Annette Wagner hatte ihren mächtigen Körper in Bewegung gesetzt und ging durch den Flur hinüber ins Zimmer ihrer Sprößlinge.Er hörte sie keifen.Sie wußte noch nichts von ihrem Glück: ab heute Rücksichtnahme nicht mehr nötig! Noch glaubte sie offenbar, Max und Julian alle zwei Stunden anbrüllen zu müssen, um sich nicht nachsagen zu lassen, sie sorge nicht für Zucht und Ordnung.Will schüttelte sich beim Gedanken an ihr flaches Gesicht und an ihre kleinen dicken Hände.Sie wollte einfach nicht begreifen, daß er nicht kinderfeindlich war, sondern daß sie und er gemeinsam an etwas Drittem litten: an der schlechten Bausubstanz, Annette, kapier das doch endlich!Das Wohnhaus stammte aus den zwanziger Jahren des 20.Jahrhunderts und hatte im Zweiten Weltkrieg eine Brandbombe abgekriegt.Die beiden obersten Stockwerke waren nach dem Krieg auf billigste Weise und mit geringerer Deckenhöhe wiederaufgebaut worden – das Problem, das daraus folgte, war weit verbreitet und hieß Hellhörigkeit.Man hörte nicht nur jedes Wort von oben, sondern auch von unten.»Ich kann dir alle deine Telefongespräche nacherzählen«, hatte Annette gezischt.Eben! Aber Annette brachte, wie die meisten Frauen, Ursache und Wirkung durcheinander.Wie Vera.»Erzähl mir bloß wieder, daß du kein Kinderfeind bist!« hatte sie eines Tages gesagt, als sie später als üblich aus dem Büro zurückkam und er sich bei ihr beklagte über den verdorbenen Arbeitstag.Es war in der Adventszeit gewesen, Annette hatte seit dem frühen Morgen direkt über seinem Kopf Weihnachtsmusik abgedudelt, während er an einem gefühlvollen Artikel über einen während der Nazizeit verfemten Frankfurter Architekten saß.Stille Nacht und Schneeflöckchen bis zum Abwinken.Es war grausam gewesen.Und dann kam Vera auch noch mit dem Superüberbeziehungskonflikt, von dem er gehofft hatte, er hätte sich durch Beschweigen von selbst erledigt.Will stellte die DVD-Kassette mit »Der Herr der Ringe« wieder zurück ins Regal.Über ihm klatschte die Wagner-Brut rhythmisch in die Hände und rief etwas.Hörte sich glatt an wie »Raus raus raus aus diesem Haus«.Kinder an die Macht, dachte Will.Eine blödere Parole hatte er noch nie gehört.Wenn er wenigstens noch festangestellt wäre.Die liebe Annette hatte den Finger gleich in die richtige Wunde gelegt: »Warum mußt du überhaupt zu Hause arbeiten? Andere Leute gehen tags doch auch ins Büro!« Na klar.Das hatte er ja getan, jahrelang.Es sei denn, es gab einen Text zu schreiben, für den man ein bißchen häusliche Ruhe brauchte.Aber mittlerweile war seine Zeitung von einem Organ der Meinungsführerschaft zu einer Art Sozialprojekt zurückgeschrumpft, in dem alle gemeinsam weniger arbeiteten und verdienten, in der Hoffnung, das würde die Geschäftsleitung von Kündigungen abhalten.Hatte es natürlich nicht.Ihm mußte man nicht groß nahelegen, was er längst ahnte.Bevor er an die Reihe gekommen wäre, ging er freiwillig
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