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.Dort nahm ich einen Leihwagen und fuhr den Alaska Highway hundertfünfzig Meilen nach Westen bis zu dem Ort Haines Junction am Fuße der St.-Elias-Berge.Ich hatte dieses Dorf für ein Buch recherchiert, das ich nie geschrieben hatte.Es schien mir ein ruhiger, abgelegener Ort zum Sterben zu sein.Kurz vor dem Dorf verließ ich den Highway, ein riesiger Koniferenwald erstreckte sich in alle Richtungen, im Westen leuchteten hohe, weiße Berge.Das Thermometer zeigte 30 Grad minus an.Der Himmel war grau und trüb, die subarktische Sonne leuchtete halbherzig über den weit entfernten Gipfeln.Die Uhr im Armaturenbrett zeigte 13:47 an.Ich würde einfach hinaus in den Wald gehen, mich an einen Baum gelehnt niederlassen und erfrieren.Es schien mir eine friedliche Art zu sein, aus dem Leben zu scheiden.Fast romantisch.Ich dachte an Jack Londons Das Feuer im Schnee und sehnte mich nach der warmen, euphorischen Ruhe, die mich kurz vor dem Ende überkommen würde.Nur mit einem T-Shirt bekleidet, öffnete ich die Tür, stieg aus dem Auto und trat auf den harschen Schnee.Die Kälte war unglaublich.Meine Augen brannten.Ich ging ein Stück in den Wald hinein, wählte eine blattlose Zitterpappel, setzte mich hin und lehnte mich mit dem Rücken an die silberne Rinde.Ich wartete.Ich begann zu zittern.Mein Bauch rumpelte.Ich dachte: Warum hungrig sterben? Ich stand auf, ging zurück zum Auto und fuhr in das Achthundertseelendorf, von dessen Einwohnern allerdings viele die rauen Wintermonate woanders verbrachten.Ich parkte im Zentrum vor einem Diner namens Bill’s, die Straße war weihnachtlich dekoriert.Ich wollte gerade die Tür öffnen, hielt jedoch inne.Ich ließ meinen Kopf auf das Steuer sinken.Weinte.Doch diese dunklen Zeiten verfolgten mich selten.Ich lebte jetzt seit fünf Jahren in den Wäldern außerhalb von Haines Junction, und es war angenehm und wichtig, dieser andere Mann zu sein.Die Gemeinde kannte mich unter dem Namen Vincent Carmichael und ich war ein ordentlich gemeldeter Einwohner geworden.Die Leute im Dorf würden mich vermutlich als ruhig und freundlich beschreiben.Ich war der Amerikaner mit den langen braunen Haaren und dem ungestutzten Bart.Jeder kannte mich, doch ich war mit niemandem befreundet.Hier war das jedoch in Ordnung.Die Leute kamen schließlich in diesen entlegenen Nordwestzipfel Kanadas, um irgendwelchen Sachen zu entfliehen.Haines Junction war ein Anziehungspunkt für kaputte Typen.Während der Touristensaison arbeitete ich als Koch im Lantern, einem der beiden besseren Restaurants der Gemeinde.Ich verdiente dort genug Geld, um über die Wintermonate zu kommen, Oktober bis April, in denen es keine Arbeit und nur wenig zu tun gab, außer in den eigenen vier Wänden am Kamin zu sitzen.Ich hatte die Hälfte meines Ersparten für ein kleines Holzhaus ausgegeben.Sechs Meilen westlich des Dorfes in einem Tal namens Shakwak Trench stand es in einem niedrigen Fichtenhain, verloren in der endlosen Weite des Waldes.Vom Fenster über der Küchenspüle sah man durch die Fichten eine kleine, knapp vierzig Meter entfernte Lichtung – bei Sonnenschein ein leuchtend grüner Lichtfleck in der Ferne.Dort im Gras liegend konnte man bis zum Kluane Reservat am Fuße der eisbedeckten St.-Elias-Berge blicken, die sich ein paar Meilen westlich aus dem Wald erhoben.Eine Viertelmeile südlich gab es sogar einen Teich, in dem ich an warmen Sommertagen schwamm.Ich war schon immer ein Freund der Einsamkeit gewesen, aber hier an diesem kalten Freitagabend, während ich allein im Schaukelstuhl auf meiner Veranda saß, war sie mir besonders heilig.Sterne schienen durch die Baumwipfel.Die Sternbilder waren deutlich zu sehen.Im Yukon gibt es keine Städte, die den Himmel mit künstlichem Licht besudeln.Während ich schaukelte und die Hände tief in den Taschen meiner Jacke vergrub, schloss ich die Augen und versuchte einen dieser surrealen, nostalgischen Anflüge abzuschütteln, in denen man sich über sein bisheriges Leben klar wird, über jede Wahl, die man getroffen und die einen letztlich zu diesem Moment innerer Einkehr geführt hat.Ich war einundvierzig Jahre alt und konnte unmöglich mein Leben Revue passieren lassen, dazu war es zu zerrissen und ausufernd.Also versuchte ich, so sicher und normal wie möglich von Augenblick zu Augenblick zu leben.Ich verbannte die tödlichen Gedanken an Walter, an meine Mutter und an all die schrecklichen Dinge, die ich in Orsons Wüste getan hatte, wieder in die Festungen, die ich mühsam für sie errichtet hatte.Obwohl ich noch Essen kochen musste und etwas schreiben wollte, entschied ich mich für einen Abendspaziergang.Ich stand auf, band die Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen und ging die Verandastufen hinab.Ich folgte einem Wildpfad durch den Fichtenhain, die Luft war erfüllt von würzigem Stechkiefernduft, Zweige kratzten an meiner Jacke, kleine Äste knackten unter meinen Stiefeln.Es war Ende Oktober – Eis säumte den Rand des Teiches, und der Bogen, den die Sonne am Himmel beschrieb, nahm von Tag zu Tag spürbar ab.Sogar die Zitterpappeln hatten ihre letzten herzförmigen Blätter abgeworfen.Nur die Fichten hatten ihre fahle blaugrüne Farbe behalten, einige von harten Wintern ausgetrocknet und verwittert, andere majestätisch dicht mit Nadeln besetzt, obwohl der nördliche Polarkreis gerade mal vierhundert Meilen entfernt war.Ich erreichte die Lichtung.Über den Baumwipfeln auf der anderen Seite ragten die ersten gewaltigen und abweisenden Gipfel der St.-Elias-Berge empor, ihr immerwährender Schnee schimmerte bläulich unter den Sternen.Diese Berge erstreckten sich einhundertfünfzig Meilen durch den südöstlichen Zipfel Alaskas bis hin zum Pazifik.Zu ihnen gehörte auch Kanadas höchster Berg, der weltweit größte nichtpolare Gletscher und ein hundert Meilen langer Eisfluss, der sich von den Gletschergebieten bis hinab zum Meer schlängelte.Doch die Berge sind nichts als langweilige, kalte Haufen aufgetürmten Gesteins, wenn das Nordlicht den Himmel erhellt.Ich starrte hinauf in den Kosmos und spürte, wie er mich berührte.Er berührte mich immer.Als Südstaatler kannte ich das Nordlicht früher nur von Fotos und hatte stets angenommen, es handele sich um ein Lichtphänomen, das wie ein Stillleben am Himmel stünde.Doch heute Abend war es ein funkelndes Band, das scheinbar von einem Punkt genau hinter den Bergen ausging.Es verlief in einer scharfen Kurve nach oben, eine grüne Mähne flatterte parallel zum Horizont – ein Haarschopf glühender Ionen vierzig Meilen über der Erde [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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