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.«Er hatte gut reden.Männer kamen nie so unter Druck durch die Werbung wie Frauen.Ich sah es beim Fernsehen.Da saßen alle Männer nur herum, genossen, was geboten wurde, aßen irgendwelche Getreidepräparate, um ein Sport-As zu werden.Wenn sie mit ihrem Bankberater redeten, hörten alle zu.Sogar die Etiketten in ihren Shorts waren lustig und tanzten.Zugegeben, sie fuhren auch manchmal im Wagen eine steile Bergstraße hinauf, klatschten sich Rasierwasser ins Gesicht oder liefen in einen Hafen ein, doch im großen und ganzen waren es die Frauen, auf denen die Verantwortung für die ganze Familie lastete.Und jeder fand es selbstverständlich.Falls die Werbeeinschaltungen dazu dienten, mich selbstzufriedener zu machen, hatten sie kläglich versagt.In meinen Händen verwandelten sich die stabilen Papierhandtücher in Filterpapier.Meine Hustenmedizin war früh um 2 Uhr aufgebraucht.Meine Mülltüten platzten, wenn sie mit Müll in Berührung kamen.Sonderbar, daß mir das früher nie so aufgefallen war: Ich war verantwortlich dafür, daß ein Shampoo meinem Mann auch tatsächlich gegen Haarausfall schützte.Dafür, daß meine Kinder ein gut ausgewogenes Frühstück bekamen.Ich war schuld, wenn das Fell meines Hundes nicht vorschriftsmäßig glänzte, und ich war es, die genau die richtige Menge Zitronen in alles spritzen mußte, damit es den Meinen nicht den Mund zusammenzog.Gab es im Liebesleben meiner Tochter eine Panne, so war es meine Aufgabe, sie daran zu mahnen, daß strahlend weiße Zähne ihn zurückgewinnen würden.Als ich eben über das Ausmaß meiner Verantwortung grübelte, kam im Fernsehen die Werbeeinschaltung: Ein Mann kommt nach zwölfstündigem Arbeitstag zerschlagen, deprimiert und erschossen nach Hause, öffnet die Tür, und 75 Personen springen auf und brüllen: »Happy birthday«.Der Mann umfaßt seine Frau, küßt sie und sagt: »Liebling, was für eine nette Überraschung!«Sie weicht vor ihm zurück wie vor dem Kadaver eines vor drei Tagen krepierten Hundes und sagt: »Oh, oh, Mundgeruch.Dagegen müssen wir etwas tun.Sofort.«Man möchte meinen, daß dies dem rauschenden Fest einen gehörigen Dämpfer aufsetzt.Statt dessen sehen wir die beiden im Badezimmer, wo er so lange heftig gurgelt, bis der Mundgeruch nachläßt.In der letzten Szene herrscht ungetrübte Fröhlichkeit.Er darf endlich bei der eigenen Party mitmachen und sie strahlt in dem Bewußtsein, ihren Mann wieder einmal vor sich selbst beschützt zu haben.Wieso kommt dieser Blödmann nicht selber drauf, daß er einen Atem hat wie ein Kamel?Muß denn die Frau alles machen? Da unterbrach mich mein Mann, der mit einem Sporthemd in der Hand aus dem Schlafzimmer kam.»Liebling«, sagte er und grinste gutmütig, »ich sag’ das nicht gern, aber mein Kragen hat einen Schmutzrand.«Ich blickte auf und keifte: »Wie sich das trifft.Dann paßt er genau zu deinem Hals.«Ich weiß nicht, warum ich damit herausplatzte, wahrscheinlich ärgerte mich, für das Wohl aller verantwortlich zu sein.Wie naiv ich doch gewesen war! Ich hätte was merken sollen an dem Abend, an dem ich duschte, mir Parfüm in beide Kniekehlen tupfte und dann meinen Mann im Dunklen schnarchen hörte.(Der Fall war in der Geschichte der Kosmetikwerbung nicht vorgesehen.) Ich verschaffte mir KAUFANGST, um darin nachzulesen, wie wir sonst noch ausgebeutet wurden.Gelinde gesagt – es war eine Offenbarung! Das Einkaufen, hieß es da, sei einer der am wenigsten bekannten Wissenschaftszweige.Fachleute wissen, daß es sehr anstrengend ist, äußerste Konzentration und blitzschnelle Entscheidungen erfordert.Seit Jahren versuchen Forscher dahinterzukommen, warum Frauen so einkaufen, wie sie es tun.Dabei haben sie herausgefunden, daß sich bei Frauen, die einen Supermarkt betreten, in dem Augenblick etwas verändert, in dem sich ihre Hände um den Griff eines Einkaufswägelchens krümmen.Ihre Blinzelfrequenz verringert sich auf vierzehnmal pro Minute, das versetzt sie in eine Art Trance, die Vorstufe der Hypnose.Einige erkennen ihre Freundinnen nicht mehr, wenn sie von ihnen angesprochen werden.Sie fahren in weniger als zwanzig Sekunden durch eine Verkaufsreihe und geben dabei durchschnittlich pro Minute 93 Cent aus.Alles in so einem Geschäft ist getestet und in Form und Farbe so abgestimmt, daß es zum Kauf reizt.Dem Käufer bleibt kaum eine Chance.Die wahre Streßsituation kommt dann an der Kasse.Immer angenommen, Sie waren imstande, Kaufimpulse zu unterdrücken und sich strikt an Ihre Liste zu halten: Alles steht in Frage in dem Moment, in dem Sie die Waren aufs Fließband stellen und sie registriert werden.Denn an der Kasse befinden sich: Candy, Kaugummi, Zeitschriften, Sonderposten, Waren zum halben Preis, Luftballons, Pfefferminz, Zigaretten und Kugelschreiber.Jetzt heißt es sich zügeln.Wenn Sie durchhalten, bis das Kassenglöckchen erklingt, wird ihre Blinzelgeschwindigkeit wieder auf fünfundvierzig pro Minute ansteigen, und der Bann ist gebrochen.Sie funktionieren wieder als normaler Mensch.Als ich das nächste Mal im Supermarkt einkaufte, schaffte ich es in der gleichen brillanten Zeit wie der sagenhafte Nurmi.Beim Ausgang jedoch befiel mich Unbehagen.Dort stand eine Schlange.Eine Frau wühlte in ihrer Handtasche und suchte ihren Ausweis, weil sie mit einem Scheck zahlen wollte.Ich warf ein Päckchen Rasierklingen in mein Körbchen.Die nächste Frau entdeckte ein Loch in ihrer Zuckertüte, und wir mußten warten, bis ihr der Laufjunge eine andere geholt hatte.Ich tat noch einen Papierdrachen in mein Körbchen.Noch zwei Kunden vor mir.Der Mann hatte seinen Karren voller Leerflaschen, die er seit der Erfindung des Glases gehortet haben mußte.Es war seine Schuld, daß ich noch die Lakritzstangen dazulegte.Die Dame vor mir hatte nur wenige Artikel, aber der Kassenstreifen lief aus und mußte ersetzt werden.Die Gartenleuchte und das Vogelfutter gehen auf ihr Konto.Endlich war ich dran.Die Kassiererin fing an zu tippen und fragte: »Wollen Sie das Buch mitnehmen oder hier lesen?«»Mitnehmen«, sagte ich.Die Kasse klingelte, die Endsumme erschien, und ich tauchte aus meiner Trance auf.Doch da war es zu spät.Unter dem Arm trug ich eine Taschenbuchausgabe von ABENTEUER DES LEBENS.Abenteuer des LebensDie Heldin solcher Bücher ist sich immer gleich: eine Frau, die keine Illusion mehr hat und mit einem Papiertaschentuch in der einen, einem Zellstoffhandtuch in der anderen durchs Leben geht, fest entschlossen, sich allein durchzuschlagen.Immer ist sie groß, hat lange Beine und›Streckt sich wohlig unter der Bettdecke in ihrer ganzen Länge aus‹.Sie ist so schlank, daß man ihr ›ihre drei prächtigen Kinder nicht glauben will‹.Sie ist noch nie im Leben glücklich gewesen.Sie hat total vergessen, daß sie Medizin studiert und den Doktor gemacht hat, bis sie eines Tages frisches Papier ins Besteckfach legt und dabei zufällig ihr Diplom findet.Sie hat ein schlechtes Gewissen, weil sie ihren Mann mit drei Kindern, Hypothekenraten von 565 Dollar im Monat, einer trächtigen Katze und einem leeren Kühlschrank zurückgelassen hat, muß aber »mit sich selber ins reine kommen« und kann das nur, wenn sie ihr Leben selbst in die Hand nimmt.Ich in meinem Alter hätte nicht mehr die nötige Spannkraft aufgebracht, nochmals von vorn anzufangen.Ich merkte neuerdings, daß mein Körper nur jeweils eines von beiden konnte: das Mittagessen verdauen oder aufrecht sitzen.Ich wollte nicht verantwortlich sein für den Ölwechsel in meinem Wagen.Es war mir schnuppe, wohin die Filter des Heizkessels verschwanden.Ich war ohnehin viel zu sehr auf Haushaltsprobleme fixiert (als ich Tom Jones einmal in Las Vegas auftreten sah und alle Zuschauer ihm ihre Hotelzimmerschlüssel huldigend zuwarfen, ließ ich mich hinreißen, ihm auch den meinen zuzuwerfen.Zwei Tage später stellte ich fest, daß ich ihm den Schlüssel zu unserer Tiefkühltruhe zugeworfen hatte
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