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.Zsuzsa BánkDie hellen TageZirkusmädchenIch kenne Aja, seit ich denken kann.Ich habe kaum eine Erinnerung an eine Zeit vor ihr, an ein Leben, in dem es sie nicht gegeben hat, keine Vorstellung, wie sie ausgesehen haben könnten, Tage ohne Aja.Aja gefiel mir sofort.Sie sprach laut und deutlich und kannte Wörter wie Wanderzirkus und Schellenkranz.Zwischen anderen sah sie winzig aus, mit ihren kleinen Händen und Füßen, und als müsse sie dem etwas entgegensetzen, sprach sie in langen Sätzen, denen kaum jemand folgte, als wolle sie beweisen, dass sie laut reden konnte, ohne Pause und ohne Fehler.Sie zog in dem Jahr zu uns, in dem für uns Kinder nichts lustiger war, als unsere Namen rückwärts aufzusagen und uns laut Retep oder Itteb zu rufen.Aja hieß immer nur Aja.Wir fanden uns, wie sich Kinder finden, ohne zu zögern, ohne Umstände, und sobald wir unser erstes Spiel begonnen, unsere ersten Fragen gestellt hatten, verbrachten wir unsere Tage miteinander, fädelten sie auf wie an einer endlosen Kette, und hielten jede Unterbrechung, mit der andere uns trennten, für eine Zumutung.Wenn Aja zu mir kam, öffnete sie unser Hoftor lautlos.Niemand konnte unser Tor lautlos öffnen und schließen, weil es ein großes Tor auf Rollen war, das jeden Besuch vor den letzten Schritten zur Haustür ankündigte, und dessen Geräusch wir bis unters Dach und bis in die hintersten Winkel des Gartens hören konnten.Nur Aja öffnete unser Tor so leise, dass es niemandem auffiel, auch nicht, dass sie über den Hof lief, und ich wunderte mich, wie still sie sein, wie unbemerkt sie kommen und gehen konnte.Wir müssen uns im Sommer begegnet sein, im Sommer, der Aja umgab, als gehöre er ihr, als gehörten sein Licht, sein Staub, seine langen hellen Abende ihr, und durch den sie sich ohne Jacke und Schuhe, mit einem gelben Hut, den sie im Schrank ihrer Mutter gefunden hatte, bewegte wie durch ein großes, lichtes Haus, dessen Zimmer ohne Türen ineinanderliefen.Wir küssten und umarmten uns schnell, wie Mädchen es häufig tun, auch wenn es Aja sonst mit niemandem tat, auch später nicht, und wir ließen nicht mehr voneinander, auch wenn ich nicht weiß, warum Aja ausgerechnet mich aussuchte, mich einlud und in ihr Leben bat, ein Leben, das anders war als alles, was mir zuvor begegnet war, anders als alles, was ich kannte, und das mir fern erschien, größer und weiter als meines, und sich abspielte an einem Ort ohne Zeit und Grenzen.Ich weiß nicht, was es war, das sie in meine Nähe drängte, an anderen vorbei zu mir schob und an mich band, was es überhaupt sein kann, das uns dazu bringt, uns füreinander zu entscheiden.War es meine Art, über Wiesen zu springen, einen Stein übers Wasser zu werfen, ein Lied zu singen, oder war es nur, weil es sonst niemanden gab, der den Platz neben Aja hätte einnehmen können, in diesen Tagen, an diesem Ort? Sind wir bloß zusammengeblieben, weil auch später niemand kam, der mich hätte ablösen können? Ich habe Aja nie danach gefragt, und heute spielt es keine Rolle mehr.Heute sind wir, wer wir sind, und wir fragen nicht danach, wir suchen nicht nach Gründen.Das Seltsamste an Aja aber war ihre Mutter.Sie war nicht so wie die Mütter, die ich kannte, die in unserer kleinen Stadt, in den schmalen Straßen rund um den großen Platz, im langen spitzen Schatten des Kirchturms lebten, mit ihren bunten Autos und bunten Einkaufsnetzen, die jeden Morgen am Zaun in ihre Briefkästen sahen, während Ajas Mutter die Post an der Tür entgegennahm.Das Erste, was mir an ihr aufgefallen war, waren die lackierten Fußnägel gewesen, weil sie auch die Haut bemalt hatte, als habe sie mit Lack nicht sparen und einen violetten Streifen auf ihre Zehen setzen wollen.Sie war größer als andere Frauen, sogar größer als die meisten Männer, und Aja schien neben ihr zu verschwinden.Sie hatte lange, schmale Beine, von denen sie sagte, wie Holzbeine sähen sie aus, und es stimmte, ein bisschen sahen sie aus wie die Beine des Küchentischs, den sie im Sommer hinaus in den Garten trug, unter die Zweige der Birnbäume, die ihr Geflecht aus Schatten auf die schmutzige Tischplatte warfen
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