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.Manchmal dachte ich, die Geschichten der Durchreisenden seien über-trieben.Das Einzige, was ich über Kriege wusste, hatte ich in Büchern gelesen oder in Filmen wie Rambo gesehen, und dann war natürlich der Krieg im Nachbarland Liberia, vondem ich durch die Nachrichten auf BBC erfahren hatte.Was den Flüchtlingen aber ihr Lebensglück geraubt hatte, über-stieg die Vorstellungskraft eines Zehnjährigen.Als ich das erste Mal mit dem Krieg in Berührung kam,war ich zwölf Jahre alt.Das war im Januar 1993.Ich war mit 8Junior, meinem großen Bruder, und unserem Freund Talloi,beide ein Jahr älter als ich, unterwegs nach Mattru Jong, wo wir an einem Talentwettbewerb teilnehmen wollten.Mohamed, mein bester Freund, konnte nicht mitkommen, weil eran jenem Tag mit seinem Vater die strohgedeckte Küche re-novieren sollte.Als ich acht Jahre alt war, hatten wir zu viert eine Rap- und Dance-Gruppe gegründet.Rap hatten wir beieinem unserer Ausflüge nach Mobimbi kennen gelernt, ei-nem Viertel, in dem die Ausländer wohnten, die für dieselbe amerikanische Firma arbeiteten wie mein Vater.Wir gingen oft nach Mobimbi, um dort im Pool zu schwimmen undfernzusehen auf dem riesigen Farbfernseher und die Weißen zu beobachten, die sich im Erholungsbereich der Gäste tummelten.Eines Abends wurde im Fernsehen ein Musikvideogezeigt, in dem eine Gruppe junger Schwarzer rasend schnell sprach.Wir vier waren völlig gebannt und versuchten zu verstehen, was sie sagten.Am Ende des Videos erschien am unteren Bildrand ein Schriftzug.Dort stand: »Sugarhill Gang,›Rapper’s Delight‹.« Junior schrieb es schnell auf einen Zettel.Danach gingen wir jedes zweite Wochenende dorthin undbeschäftigten uns näher mit dieser Art von Musik im Fernsehen.Wir wussten damals nicht, wie sie hieß, aber ich war beeindruckt, dass die Schwarzen richtig schnell englisch sprachen, und das obendrein noch im Takt.Später, als Junior auf die weiterführende Schule ging,freundete er sich mit ein paar Jungs an, die ihm mehr über ausländische Musik und das Tanzen beibrachten.In den Ferien kam er mit Kassetten an und zeigte mir und meinenFreunden, wie man zu der Musik tanzte, die, wie wir erstspäter erfuhren, HipHop genannt wurde.Ich liebte das Tanzen, und besonders viel Spaß machte es mir, die Texte auswendig zu lernen, weil sie poetisch waren und ich meinenWortschatz damit erweitern konnte.Eines Nachmittags kamVater nach Hause, als Junior, Mohamed, Talloi und ich die Strophen von »I Know You Got Soul« von Eric B.& Rakim lernten.Er stand in der Tür unserer aus Lehm, Stein undBlech gebauten Hütte, lachte lauthals und fragte uns: »Versteht ihr überhaupt, was ihr da sagt?« Er ging weg, bevor Ju-9nior antworten konnte.Er legte sich im Schatten der Mango-, Guaven- und Orangenbäume in die Hängematte und schaltete die BBC-Nachrichten im Radio ein.»Hier, das ist gutes Englisch, so was solltet ihr euch besser anhören«, rief er über den Hof.Während Vater Nachrichten hörte, zeigte uns Junior, wiewir die Füße im Takt bewegen mussten.Wir setzten abwech-selnd den rechten und dann den linken Fuß vor und wiederzurück, machten gleichzeitig mit den Armen dasselbe undwackelten mit dem Oberkörper und dem Kopf.»Der Schrittheißt Running Man«, erklärte Junior.Danach übten wir die Songs, die wir auswendig gelernt hatten, playback zu singen.Bevor wir uns trennten, um die verschiedenen Aufgaben, die abends anstanden, wie Wasserholen und Lampenputzen, zuerledigen, sagten wir Sprüche wie »Peace, son« oder »I’mout«, die wir aus den Raptexten kannten.Draußen hob dasAbendkonzert der Vögel und Grillen an.An dem Morgen, an dem wir uns auf den Weg nachMattru Jong machten, packten wir unsere Notizbücher mitden Texten, an denen wir arbeiteten, in unsere Rucksäckeund stopften uns die Taschen mit Kassetten von Rapalbenvoll.Damals trugen wir zum Tanzen weite Jeans, darunterFußballshorts und Trainingshosen.Unter unseren langärmeligen Pullis hatten wir ärmellose Unterhemden an, T-Shirtsund Fußballtrikots.Wir trugen drei Paar Socken übereinander, die wir herunterzogen und aufrollten, damit unsereTurnschuhe größer wirkten.Wenn es tagsüber zu heiß wur-de, zogen wir ein paar Klamotten aus und warfen sie uns über die Schultern.Die Klamotten waren schwer angesagt, undwir hatten keine Ahnung, dass uns dieser ungewöhnlicheKleidungsstil noch nutzen sollte.Da wir am nächsten Tagzurück sein wollten, verabschiedeten wir uns nicht und sagten auch niemandem, dass wir weggingen.Wir wussten nicht,dass wir unser Zuhause für immer verließen und nie wieder zurückkehren sollten.Um Geld zu sparen, beschlossen wir, die rund 25 Kilome-ter nach Mattru Jong zu laufen.Es war ein schöner Sommertag, die Sonne schien nicht zu heiß und der Fußmarsch kam 10uns auch nicht besonders lang vor, da wir uns über alles Mögliche unterhielten, uns gegenseitig auf die Schippe nahmen und einander nachliefen.Wir hatten Steinschleudern dabei und schossen auf Vögel und jagten Affen, die die Schotterstraße überqueren wollten.An mehreren Flüssen machten wir halt, um zu schwimmen.An einem Fluss, über den eine Brü-cke führte, hörten wir aus der Ferne ein Passagierfahrzeug und beschlossen, aus dem Wasser zu steigen und zu fragen, ob wir vielleicht umsonst mitfahren könnten.Ich kletterte vor Junior und Talloi aus dem Wasser und rannte mit ihren Klamotten über die Brücke
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