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.«»Selbstverständlich«, entgegnete er herablassend.»Selbstverständlich was?«»Natürlich schließe ich mich dieser Ansicht an.Sie mag vielleicht etwas antiquiert sein, aber ich muss mich dennoch fragen, warum eine Frau sich Zutritt zu meinen privaten Gemächern verschafft, wenn sie mich nicht als ihren potentiellen Liebhaber betrachtet.« Ihm war sehr wohl bewusst, dass er sich nicht gerade wie ein Gentleman benahm, sondern eher wie ein ausgemachter Halunke, was aber nicht notwendigerweise unvereinbar sein musste.Doch wenn sein abschätzender Blick und seine Grobheiten sie beleidigten, so ließ sie sich das nicht anmerken.Sie rührte sich nicht, stand einfach da und sah ihn an, und er fragte sich, was sie verdammt nochmal dabei dachte.Als sie weiterhin keine Anstalten machte zu sprechen, fuhr er, jetzt in etwas gemäßigterem Tonfall, fort: »Ich glaube, es ist an der Zeit, dass du mir sagst, wer du bist und was du hier in meiner Bibliothek zu suchen hast.«Diese Augen, und diese Form.warum kamen die ihm nur so bekannt vor?Sie stellte fest, dass sie ihn genauso eindringlich musterte wie er sie.Er hatte sich keinen Deut verändert, wirkte noch genauso groß und überwältigend auf sie wie damals vor sechs Jahren.Seine dunklen Züge hatten sich etwas abgeschliffen, sein Gesicht war schmal und hart, aber nicht weniger attraktiv als seinerzeit.Nein, da waren doch Unterschiede.Diese Augen hatten inzwischen viel mehr gesehen als die des jungen Mannes von damals; da hatte er nur Vergnügungen gekannt und die Wildheit und Eigensinnigkeit der Jugend genossen.Dieser Mann jedoch hatte viel erlebt.Er hatte gelernt und gelitten, und das sprach aus seinen Augen und seinem Gesicht.»Willst du mir nicht antworten?«»Doch, ich nehme an, das muss ich wohl.«Als er in den Raum gestürmt kam, den einen Stiefel unter den Arm geklemmt, hatte Evangeline sich gefragt, wie sie die Sache angehen sollte.Er war schlechter Stimmung — das war nicht zu übersehen —, aber das war nicht das eigentliche Problem.Was ihr zu denken gab, war die Tatsache, dass er keine Ahnung hatte, wer sie war.Das kränkte sie, obgleich es ein Wunder gewesen wäre, wenn er sie erkannt hätte.Schließlich sagte sie: »Erinnert Ihr Euch nicht an mich?«Er hatte sie bereits zu lange angestarrt und zuckte nur die Schultern.»Warum regst du dich so auf? Bist du vielleicht eine frühere Mätresse? Lang kann das noch nicht her sein, denn du bist noch sehr jung.Nun ja, falls ich mich wirklich einmal mit dir beschäftigt habe, kann ich mir vorstellen, dass es dich nicht gerade erfreut, aus meiner Erinnerung verschwunden zu sein.«Mit einer Stimme, kalt wie ein Eisblock, erwiderte sie: »Ich war niemals Eure Mätresse.«»Nein? Das hoffe ich auch nicht, denn das würde mich zu der Annahme verleiten, dass du mein Kind geboren hast und jetzt gekommen bist, um abzukassieren.Das wäre in der Tat sehr ärgerlich, da stimmst du mir doch zu, oder?«Sie stand stocksteif da und starrte ihn sprachlos an wie eine Idiotin.»Ich habe kein Kind von Euch«, brachte sie schließlich heraus.»Gott sei Dank, da bin ich aber erleichtert.Ein Gentleman sollte nämlich nicht im ganzen County Bastarde in die Welt setzen.Das würde kein gutes Licht auf ihn oder seine Familie werfen.So, demnach haben wir also nicht miteinander geschlafen.Wer bist du?«»Wenn Ihr mich verführt hättet, als wir uns zum letzten Mal begegnet sind, dann hättet Ihr Euch der Verführung Minderjähriger schuldig gemacht.«Er sah sie immer noch auf diese merkwürdige Art an.Jetzt legte er den Kopf auf die Seite.Sie war impertinent.Er hatte den Eindruck, als wollte sie ihn prüfen.Das war mehr als seltsam.Aber er würde sie schon ausmanövrieren: zumindest könnte er es versuchen.Er schnippte einen nicht vorhandenen Fussel von seinem Rockärmel.»Da mir so etwas zutiefst zuwider ist, bin ich heilfroh, dass dem nicht so war.Wie alt bist du denn? Immer noch schweigsam? Ach ja, eine Frau und ihr Alter.Offenbar könnt ihr nicht früh genug mit euren affektierten Protesten anfangen.Aber du kannst es mir zeigen.Ich stehe in dem Ruf, das Alter einer Frau auf den Monat und das Jahr genau bestimmen zu können.Ich brauche mir nur ihre Brüste, ihren Bauch und die Schenkel anzuschauen.Ist dir nicht warm in diesem dicken Umhang?«Er sah, wie sie schluckte.Und er war davon überzeugt, dass ihr Mund inzwischen staubtrocken war.Niemand konnte ihn übertrumpfen, schon gar nicht dieses unbekannte Mädchen hier, das sich in seine Bibliothek verirrt hatte.Evangeline wusste jetzt, dass sie einen Gentleman erster Güte vor sich hatte.Sie öffnete den Mund, doch in diesem Augenblick machte er eine ungeduldige Handbewegung und sagte: »Schluss mit diesen albernen Spielchen.Wer, zum Teufel, bist du?«»Ja«, sagte sie, »mir ist warm.«»Dann lass mich dir aus dem Umhang helfen.Und keine Angst, ich tue dir nichts.Hilflose Frauen zu vergewaltigen ist nicht mein Stil.Was immer an Jungfräulichkeit du noch besitzt, ist bei mir in besten Händen.«»Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Ihr so etwas nötig habt.Außerdem würde es Eurem Ruf schaden.«»Sollte das ein verstecktes Kompliment sein? Nein, du brauchst mir die Frage nicht zu beantworten.« Er beobachtete, wie sie die Bänder ihres schweren Wollumhangs löste und ihn von den Schultern streifte.»Ehe Ihr Euch dazu entschließt, meinen Körper zu examinieren, solltet Ihr wissen, dass es höchst verwerflich wäre, Eure Cousine solchermaßen zu behandeln.«»Cousine? Teufel auch! Du sagst, du bist meine Cousine? Das ist ein Ding der Unmöglichkeit.«»Ihr habt Recht.Cousine ist nicht die ganz korrekte Bezeichnung.Genau genommen bin ich Eure Cousine zweiten Grades.Marissa war meine Cousine, die Nichte meines Vaters.«Er starrte sie völlig verblüfft an.Offensichtlich fühlte sie sich besser, nachdem es ihr schließlich doch noch gelungen war, ihn zu überrumpeln.Eine Meisterleistung, fürwahr, dachte er und begann, ihr Gesicht nach Ähnlichkeiten mit Marissa zu durchforschen.Sie deutete mit dem Zeigefinger auf ihn, krümmte den Mittelfinger, dass ihre Hand aussah wie eine Pistole, und zog den imaginären Abzug.»Ihr erinnert Euch an Marissa, nicht wahr?«»Werd nicht frech«, brummte er abwesend, während sein Blick über ihr Gesicht wanderte.»Richtig«, meinte er dann, »es ist der Schnitt deiner Augen, ein bißchen schräg, der mich an Marissa erinnert.« Genau das war es, was ihm bekannt vorgekommen war.Marissas Cousine.»Euer Name, Mademoiselle? Ab jetzt muss ich mich wohl der korrekten Anrede befleißigen?«»De la Valette, Euer Gnaden.«»Die Familie meiner Frau hieß Beauchamps.«»Ja, so heißt auch mein Vater.De la Valette ist der Name meines Gatten.«»Du.äh, Ihr seid verheiratet? Das ist doch lächerlich.Ihr seht überhaupt nicht so aus.«»Weshalb nicht? Ihr habt Euch doch gefragt, ob Ihr schon mit mir geschlafen habt.Das ist doch alles, was eine Ehe ausmacht, oder?«»Nun, nicht alles.Ganz und gar nicht.Und wo steckt Euer wunderbarer Gatte? Versteckt er sich in der Küche? Oder hinter meinem Schreibtisch?«»Nein.«»Bestimmt begreift Ihr mein Dilemma.Ich bin es nicht gewohnt, Damen ohne Begleitung in meiner Bibliothek vorzufinden, die sich mir sehr selbstbewusst nähern, sobald ich durch die Tür trete.Aha, es gibt also einen Ehemann? Steckt er vielleicht hinter der Wandverkleidung?«Das war nun wirklich genug.»Darf ich mich setzen? Ich habe einen anstrengenden Tag hinter mir.«»Während Ihr Euch ausruht, könnte ich doch einmal hinter dem Ohrensessel nachsehen, ob ich vielleicht dort diesen ominösen Ehegatten entdecke.«Ohne auf seine zynische Bemerkung zu reagieren, ließ sie sich in einem ausladenden Ledersessel neben dem Kamin nieder.Das Feuer war inzwischen bis auf die Glut niedergebrannt [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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