[ Pobierz całość w formacie PDF ]
.An diesem Abend, dem 15.April 1941, wurde es uns bewusst.Wir waren gerade schlafen gegangen.Hinter meinen geschlossenen Lidern Bilder von Sheila.Sie hatte meinen Akzent »bäurisch« genannt.Ich würde mich bemühen, ihren nachzuahmen.Rücken an Rücken mit Séanna, dessen kaltes Bein ich wegstieß, versank ich in meiner Nacht.Plötzlich erbebte alles.Ein unmenschlicher Krach, dröhnender Stahl, schepperndes Blech, sehr niedrig, ganz nah über den Häusern.»Scheiße, Flieger!«, rief mein Bruder.Er sprang auf, schaute zur Decke.Schaltete das Licht an.Sirenengeheul.Tumult im Treppenhaus.Ein verschrecktes Häuflein.Mama ganz grau, Baby Sara weinend, meine Schwestern mit ihren nächtlichen Gesichtern.Klein-Kevin mit offenem Mund, Niall mit irrem Blick.Onkel Lawrence kam herein und sagte, wir sollten uns schnell anziehen.Die erste Bombe warf Brian um.Nur der Krach.Er fiel auf den Rücken und knallte mit dem Kopf auf den Boden, die Augen verdreht.Lawrence nahm ihn in die Arme.Er sprach laut und schnell.Wir hätten nichts zu befürchten.Die deutschen Flieger seien schon öfter gekommen, aber sie bombardierten nicht unsere Viertel, sondern griffen die Innenstadt an, den Hafen, den Bahnhof, die Kasernen, die Reichen, nicht die Armen.»Nicht die Armen! Tötet nicht die Armen!«, flehte meine Mutter, als sie auf die Straße trat.Wir hatten wieder unsere klägliche Raupe gebildet, jeder an ein Stück Kleidung des anderen geklammert.Lawrence eröffnete den Marsch.Familien tauchten auf, ließen die Türen offen stehen.Angst im Blick.Es war fast Mitternacht, Vollmond, der lichte Himmel hatte die Stadt entblößt.Die Flugzeuge waren da, über uns, unter uns, in uns, überall, sie dröhnten in unserem Bauch.Wir trauten uns nicht, aufzuschauen.Senkten den Kopf aus Angst, dass ihre Flügel uns streiften.In der Ferne brannte die Stadt, aber keines von unseren Häusern.»Mein Gott, verschone uns!«, weinte Mama, Wange an Wange mit Baby Sara.Am Ende der Straße gab es eine Riesenexplosion, weiße Garben schossen aus der Kapelle, in die wir uns flüchten wollten.Der Lärm des Krieges.Der echte, der sprachlos macht.Das Gewitter der Menschen.Brutal zu Boden geschleudert entlang der Häusermauern, über- und untereinander sitzend, liegend, schreiend.Manche starben vor Entsetzen im Stehen.Andere fielen kraftlos zu Boden.Wir bildeten einen Kreis der Angst, mit dem Rücken zur Gefahr.Lawrence hatte sich hingekniet.Mama und die Jüngsten in der Mitte.Séanna, Róisín, Mary, mein Onkel und ich schützten sie.Kopf an Kopf, mit geschlossenen Augen, die Arme umeinandergelegt.»Schaut nicht in die Blitze, davon wird man blind!«, schrie eine Frau.Wir beteten ein Ave-Maria nach dem anderen, immer schneller, verstümmelten die Worte.Wir taten Buße.Mama hatte aufgehört zu beten, den vertrauten Frieden verlassen.Den Rosenkranz wie ein Perlenarmband um die Handgelenke gewickelt, schrie sie zu Maria, wie man gegen den Tod anschreit.Rief sie zu Hilfe in dieser Hölle.Wir schafften es nicht mehr bis zur Fabrik O’Neill mit ihrem riesigen Keller.Wir blieben da, bis der Krieg nachließ.Bis die Flugzeuge abdrehten und hinter den schwarzen Bergen verschwanden.Dann gingen wir durch den Schutt zurück.Unsere Straße war heil geblieben.Doch gleich dahinter brannten Häuser.Der gesamte Norden der Stadt war zermalmt.»Die Protestanten haben gekriegt, was sie verdienen!«, knurrte ein Typ, der den rot-schwarzen Himmel über der York Street betrachtete.»Glaubst du, die Jerrys sind besser?«, fragte eine Nachbarin.Der Typ starrte sie zornig an.»Was schlecht ist für die Brits, ist gut für uns!«Es war vier Uhr.Alles stank beißend nach Rauch.Mit Hilfe der Jungfrau Maria brachte Mama ihre Kleinen zu Bett.Sie sprach mit ihr, dankte ihr leise.Das Gesicht meiner Mutter.Erschreckend verweint, rotzbefleckt, speichelverschmiert.Die Haare hingen ihr in die Augen.Sie flehte zur Jungfrau Maria.Sie dürfe ihren Blick nicht mehr von unserer Familie wenden.Sie müsse immer da sein, immer.Ja? Versprochen? Versprich es mir, Maria! Versprich es mir!Lawrence nahm seine zitternde Schwester bei den Schultern und barg sie an seiner Brust.Am Morgen ging ich mit Séanna und meinem Onkel zum ersten Mal in meinem Leben durch Belfast.Mit der Stille war es vorbei, die Stadt lag im Chaos.Überall klirrte Glas, kreischte beiseitegestoßener Stahl, knirschten übereinanderliegende Trümmer.Zwischen den Blocks stolperten wir über Haufen von Ziegelsteinen und Holz, das aus Dachstühlen gerissen worden war.Bretter hingen zwischen Strommasten und den Oberleitungen der Straßenbahn und versperrten die Straßen.Überall Staub nach dem Drama.Weißer und grauer Rauch, Brandnester unter dem Schutt.Tiefe, mit schmutzigem Wasser gefüllte Bombenkrater auf leeren Grundstücken.Vor uns ein Wagen, halb von der Straße verschlungen.Menschen irrten durch die Stadt mit schwarzen Händen, rußigen Gesichtern, Hosen und Mänteln voller Asche.Andere standen an Kreuzungen, jeder für sich allein, ohne etwas zu sagen, mit verheertem Blick.Kaum Frauen.Klappernde Pferdehufe, ein Handkarren.Einige holperten auf Fahrrädern durch die Löcher in den Bürgersteigen.Vor einem Haus ohne Fassade standen Studenten mit Schaufeln in der Hand.Vier von ihnen, im Laborkittel, hoben einen Verwundeten auf.Und dann, ein paar Meter weiter, sah ich meine erste Leiche.Die Trage stand auf dem Bürgersteig, ein Arm ragte unter der Decke hervor.Es war der Arm einer Frau, ihr Nachthemd war mit der Haut verschweißt.Séanna hielt mir die Augen zu.Ich wehrte mich.»Lass ihn doch schauen!«, sagte mein Onkel.Ich stieß meinen Bruder weg.Und schaute.Ein Frauenarm mit manikürten Händen, vom Ellbogen bis zum Handgelenk hing die Haut herunter wie ein abgerissener Ärmel.Wir gingen ganz nah vorbei.Die Umrisse eines Kopfes unter dem Stoff, die Brust – und dann nichts mehr.Keine Beine.Ab Taillenhöhe lag die Decke flach auf.Ein Zeitungsjunge verkaufte den »Belfast Telegraph« auf der Straße.Hunderte Tote, tausend Verletzte!, schrie er.Ich hatte einen Arm gesehen.Und nicht geweint.Und getan, was alle Vorübergehenden taten: mir mit Zeige- und Mittelfinger an die Stirn getippt, dann an die Brust und an die linke und die rechte Schulter.Im Namen des Vaters und aller anderen.Ich hatte beschlossen, kein Kind mehr zu sein.Jennymount Street, ein Mann saß auf einem Holzstuhl und spielte Klavier [ Pobierz całość w formacie PDF ]

© 2009 Każdy czyn dokonany w gniewie jest skazany na klęskę - Ceske - Sjezdovky .cz. Design downloaded from free website templates