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.Sie wittert überall widernatürliche Neigungen, wirft Blicke wie Pfeile auf jeden allzu gepflegten Mann, ja, sie hasst Schwule so leidenschaftlich, dass sie am liebsten alle eigenhändig mit dem Küchenmesser kastrieren würde, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.GÖTTERLIEBLINGTatkräftig war ich aufgebrochen, malade kam ich heim, drei Euro in der Tasche, einen brandneuen Mietvertrag, aber keine Mutter weit und breit, die meinen Schlafanzug bereitgelegt hatte.Sie hatte auch nicht angerufen.Keine Nachricht auf meiner Mailbox.Wie sehr ich sie vermisste! Und doch, keine zehn Pferde brächten mich zu ihr zurück.Mein Herz war schwer von Selbstmitleid.Alles hätte ich ertragen, Züchtigung, Zorn, ja sogar Hass, nur dieses Schweigen nicht.Frau Puvogels Lachscreme stieß mir bitter auf.Die fremde Wohnung beelendete mich.Ich leckte Mutters Suppenlöffel ab, an dem noch der Geschmack ihres köstlichen Bohneneintopfs hing.Wie ein Ausgestoßener kam ich mir vor, und es war mir zum Weinen zumute.Ich war ja immer behütet gewesen.Hatte ich Hunger, gab mir Mutter zu essen, hatte ich Durst, gab mir Mutter zu trinken, und war das Geld alle, dann holte Mutter neues unter ihrer Matratze hervor.Kläglich saß ich auf dem Bett, neben mir einen Zahnputzbecher mit Leitungswasser, blätterte in den Zeitungen, die Big Ben mir über den Tisch geschoben hatte, und lauschte dem Gurgeln der Heizung.Am 13.März hatte der Mittagskurier »Liebestod in Dingenskirchen?« getitelt.Zwei Porträts prangten darunter.Der markante Schädel des Erfolgsproduzenten mit Alphatierlächeln.Daneben das von roten Locken umrahmte Gesicht Felicitas Müllers.Cartoonhaft schön wie Disneys Arielle.Grüne, gefährlich zweideutige Sphinxaugen, bleicher Teint, schwarze Brauen.Die Stirn war verdeckt von einem roten Haarbusch, einem zerzausten Pony.Der Mund knallrot geschminkt, die Haut Vampirhaut, weiß wie Schnee.Und doch kämpfte sie gegen die Lieblichkeit an.Mit dem herausfordernd roten Mund.Mit dem zerzausten Schopf.Die »Rote Müllerin« wurde sie genannt.Eine Frau, die ich gern gekannt hätte.Nackt hatte sie dem Postboten geöffnet.Splitternackt.Auf dem Foto neben ihr Müller, Multimillionär und mehrfacher internationaler Preisträger.Der seit einem Verkehrsunfall Gelähmte sei, stand da, für seine ausschweifenden Partys bekannt.Eine solche habe am Mittwoch in seiner Villa in Dingenskirchen stattgefunden.Am frühen Donnerstagmorgen habe die Haushälterin zwei leblose Körper im Bett des Produzenten entdeckt: den des Produzenten und den der Bestsellerautorin Felicitas Müller, Namensvetterin und häufige Begleiterin des Produzenten.Gefeiert worden sei der 30.Geburtstag Felicitas Müllers.Die junge Frau konnte nicht mehr gerettet werden, für Müller, der bald seinen 60.Geburtstag feiern würde, gäbe es laut Aussagen seines Leibarztes – in der Tat wurde vom Mittagskurier der königlich anmutende Titel eines Leibarztes vergeben – »eine realistische Überlebenschance«.Ich entnahm meinem Necessaire – ein Geschenk von Mutter – einige Stecknadeln und eine Nagelschere, schnitt ungelenk den ersten Artikel aus und pinnte ihn an die kahle Wand.»So schön, so tot« war die Schlagzeile des Mittagskuriers vom 14.März.Da hing sie, die Rote Müllerin, Felicitas, ihr Name bedeutete Glück, Fruchtbarkeit, Seligkeit, so weit reichte mein Latein noch.Sie schaute sich, ironisch funkelnd und posthum, in ihrer Wohnung um.Neben dem mir bereits bekannten Foto waren hier auch weitere abgedruckt.Sie ließen keinen Zweifel daran, dass die Rote Müllerin ein schillerndes Mitglied der Rizzer Gesellschaft gewesen war.Auf den Partyfotos scharte sich alles um sie, was Rang und Namen hatte.Der Erfolgsproduzent Müller, aber auch der Oberbürgermeister, Schauspielerinnen, namhafte Dichter und Maler der Stadt sowie, hört, hört, Big Ben himself.Die Verbindung zwischen Müller und Müllerin war bekannt, wenn auch nicht offiziell.Im »So schön, so tot«-Artikel war von einer Vergiftung die Rede, der die Müllerin erlegen sei, und von Ermittlern, die sich diesbezüglich bedeckt hielten, um den Stand der Ermittlungen nicht zu gefährden.Die Informationen machten mich schwindelig.Befangenheit war auch dabei.Immerhin saß ich vielleicht in der Wohnung einer Ermordeten.Ihr Atem war noch in der Luft.Und auch der Atem vieler Gäste: Krethi und Plethi, Big Ben – hatte er nicht die »grandiose Aussicht« erwähnt? – und nicht zuletzt Müller.Der Erfolgsproduzent wird doch sicher hiergewesen sein.In derselben Ausgabe des Mittagskuriers, an etwas weniger prominenter Stelle, stand der Artikel »Produzent Müller schwebt in Lebensgefahr«, illustriert mit einem Foto, auf dem er wirkte, als hätte er nur spaßeshalber im Rollstuhl Platz genommen und würde sich gleich erheben.Er hatte über Gottfried Benn promoviert und mit Visconti gearbeitet.Beides flößte mir Respekt ein.Ein studierter Germanist und Filmwissenschaftler, ein Macher, ein Hochkaräter.Ein richtiger Kerl, wie Frau Puvogel es formulierte.Der Artikel erwähnte den Autounfall vor 30 Jahren, durch den der Erfolgsproduzent querschnittsgelähmt sei, sowie eine erstaunliche Karriere, die ihm dennoch geglückt sei.Auf dem Foto hielt er einen hochhackigen Frauenschuh in der einen Hand, eine Champagnerflasche in der anderen, und lachte.Er strahlte wie ein Götterliebling.Aber wie konnte ein Gelähmter Freude haben? Ich dachte an das fluchende Krückenmädchen, das ich im Lift getroffen hatte.Hatte sie jemals Freude? Müller hatte ja immerhin eine Lebensleistung vorzuweisen.Der war jemand.Er hatte Filme produziert, deren Titel mir durchaus geläufig waren, einige davon hatte ich sogar zusammen mit Mutter im Kino gesehen.Wie gern ich einen solchen Vater gehabt hätte! Er hätte mich mit zum Set genommen, mir junge Schauspielerinnen vorgestellt, mir überhaupt die Sache mit den Frauen erklärt.Vielleicht hätte er mir zum 18.Geburtstag einen Puffbesuch geschenkt wie die Mafiosi im Film.Wir hätten gemeinsam Champagner aus Stöckelschuhen getrunken.All diese männliche Energie, die plötzlich in meinem Leben war, Big Ben, Erfolgsproduzent Müller, Klarhabbisch, David.Von meinem Vater war nie sehr viel männliche Energie ausgegangen.Er war ein Duckmäuser gewesen, der Kissen bestickte.Mutter war der einzige Mann im Haus.Eine Flöte mein Vater, eine Pauke meine Mutter, das war die Besetzung in meinem Elternhaus, jedenfalls bis zu Vaters Tod.Die genetischen Sachen waren fifty-fifty [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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