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.Ich kann sehen – mit dem gesunden und dem blutigen Auge –, wie es ihm allmählich dämmert.Er runzelt die Stirn und schüttelt langsam und mit neugierigem Gesichtsausdruck den Kopf.Ich weiß, welche Frage jetzt kommt.»Wer ist dieser Mann?«»Das ist der Schlächter von Christchurch«, antwortet Schroder.»Ausgeschlossen«, sagt der Arzt.»Dieser Mann?«Ich weiß nicht, was das zu bedeuten hat.»Ich bin unschuldig«, sage ich.»Ich bin Joe.« Der Arzt sticht mir eine Nadel in die Seite meines Gesichts, und die Welt gerät noch mehr aus den Fugen, dann wird alles taub.Zwölf Monate späterKapitel 1Melissa biegt in die Auffahrt.Lehnt sich zurück.Und versucht, sich zu entspannen.Heute sind es höchstens zehn Grad Celsius.Christchurch- Regen.Christchurch-Kälte.Gestern war es warm.Jetzt regnet es.Schizophrenes Wetter.Melissa fröstelt.Sie beugt sich vor und schaltet den Motor aus, nimmt ihren Aktenkoffer und steigt aus dem Wagen.Der Regen durchnässt ihr Haar.Sie erreicht die Haustür und öffnet das Schloss.Sie schlendert in die Küche.Derek ist oben.Sie kann die Dusche hören und seinen Gesang.Sie wird ihn später belästigen.Erst mal braucht sie was zu trinken.Der Kühlschrank ist mit Magneten von irgendwelchen beschissenen Orten aus dem ganzen Land übersät, Orten mit hoher Schwangerschaftsrate, hoher Alkoholikerrate, hoher Selbstmordrate.Orten wie Christchurch.Sie öffnet die Tür und greift nach einer der sechs Bierflaschen, hält inne und entscheidet sich stattdessen für einen Orangensaft.Sie öffnet ihn und trinkt direkt aus der Packung.Derek hat bestimmt nichts dagegen.Ihre Füße tun weh, und ihr Rücken schmerzt, darum sitzt sie für eine Minute einfach nur am Tisch und lauscht der Dusche, während sie von dem Saft trinkt und ihre Muskeln sich langsam entspannen.Es war ein langer Tag, und vor ihr liegt eine lange Woche.Sie macht sich nicht viel aus Orangensaft – sie mag lieber Tropengeschmack, aber es gab nur Orange.Aus irgendeinem Grund glauben die Getränkehersteller, die Leute würden es mögen, wenn das Fruchtfleisch zwischen ihren Zähnen hängen bleibt und es sich anfühlt, als würde ihnen eine Auster auf die Zunge pissen.Und aus irgendeinem Grund scheint es genau das zu sein, was Derek mag.Sie schraubt den Orangensaft zu, stellt ihn zurück in den Kühlschrank und betrachtet die Pizzastücke darin, ohne sie jedoch anzurühren.In einem der Seitenfächer liegen mehrere Schokoladenriegel.Von einem knibbelt sie die Verpackung ab, beißt hinein und stopft die anderen Riegel – vier an der Zahl – in ihre Tasche.Danke, Derek.Während sie mit dem Aktenkoffer nach oben geht, verputzt sie den angefangenen Riegel.Aus der Stereoanlage im Schlafzimmer dröhnt ein Song, den sie kennt.Früher, als sie noch ein anderer Mensch war, mehr der Typ unbekümmerte Musikhörerin, hatte sie das Album auch.Es sind die Rolling Stones.Eine Greatest-Hits-CD, sie erkennt es an der Reihenfolge der Songs.Jetzt gerade singt Mick davon, dass die Sonne vernichtet werden soll.Denn er will, dass die ganze Welt schwarz ist.Das will sie auch.Er klingt, als würde er einen Spätnachmittag im Winter in Neuseeland besingen.Sie summt die Melodie mit.Derek singt immer noch und übertönt all ihre Geräusche.Sie setzt sich aufs Bett.Das Zimmer wird von einem Ölofen beheizt.Die Möbel passen gut zum Haus, beides sollte man besser abfackeln.Das Bett ist weich und die Verlockung groß, die Beine hochzulegen, sich ein Kissen unter den Kopf zu schieben und ein Nickerchen zu machen.Auch für die Bakterien im Kissenbezug wäre es verlockend, nähere Bekanntschaft mit ihr zu schließen.Während sie wartet, lässt sie den Aktenkoffer aufschnappen, nimmt eine Zeitung heraus und überfliegt die Titelseite.Dort steht ein Artikel über einen Typen, der die ganze Stadt in Angst und Schrecken versetzt hat.Frauen getötet hat.Folter.Vergewaltigung.Mord.Der Schlächter von Christchurch.Joe Middleton.Er wurde vor zwölf Monaten verhaftet.Am Montag beginnt sein Prozess.Sie selbst wird in dem Artikel auch erwähnt.Melissa X.Obwohl dort ihr richtiger Name, Natalie Flowers, steht, hört sie inzwischen nur noch auf Melissa.Schon seit ein paar Jahren.Einige Minuten verstreichen.Sie hockt immer noch auf dem Bett, als Derek, der sich mit einem Handtuch die Haare abtrocknet, umgeben von Dampf und dem Duft von Rasierbalsam aus dem Badezimmer tritt.Um die Hüfte hat er sich ein Handtuch geschlungen.Von dort windet sich ein Schlangen-Tattoo die Seite hinauf über seine Schulter, die beiden Enden ihrer gespaltenen Zunge verlaufen links und rechts um seinen Hals.An einigen Stellen ist die Schlange voller winziger Details, an anderen, wo sie noch nicht fertig ist, sind nur die Umrisse skizziert.Und da sind die für einen Mann wie Derek unvermeidlichen Narben, eine ausgewogene Mischung guter und schlechter Zeiten – gute Zeiten für ihn und schlechte Zeiten für die anderen.Sie lässt die Zeitung sinken und lächelt.»Was zum Henker machst du hier?«, fragt er.Melissa dreht den Aktenkoffer in seine Richtung, streckt die Hand aus und drückt an der Stereoanlage auf Pause.Der Aktenkoffer gehört eigentlich Joe Middleton.Er hat ihn an jenem Tag bei ihr liegen lassen, als er sie für immer verlassen hat.»Ich habe die andere Hälfte deiner Bezahlung dabei.«»Woher weißt du, wo ich wohne?«Was für eine blöde Frage.Doch Melissa behält es für sich.»Ich weiß gerne, mit wem ich Geschäfte mache.«Er wickelt das Handtuch von seiner Hüfte, den Blick auf das Bargeld in dem Koffer gerichtet.Als er anfängt, sich die Haare abzutrocknen, baumelt sein Schwanz hin und her.»Ist das auch das ganze Geld?«, fragt er, während er weiter sein Haar abrubbelt.Sein Gesicht ist jetzt vom Handtuch bedeckt, und seine Stimme dringt gedämpft darunter hervor.»Bis auf den letzten Dollar.Wo ist die Ware?«»Hier«, sagt er.Sie weiß, dass sie hier ist.Seit ihrem ersten Treffen vor zwei Tagen, als sie ihm die erste Hälfte seiner Bezahlung übergeben hat, ist sie ihm auf Schritt und Tritt gefolgt.Sie weiß, dass er die Sachen erst vor einer Stunde abgeholt hat.Er ist dann ohne Zwischenstopp mit einer Tasche voller Gegenstände, über die sein Bewährungshelfer nicht allzu erfreut wäre, hierhergefahren.»Wo?«, fragt sie.Er wickelt sich das Handtuch wieder um die Hüfte.Wahrscheinlich hätte sie auch einfach hier hereinmarschieren, ihn erschießen und das Haus durchsuchen können, aber sie braucht ihn noch.Die Sachen sind bestimmt nicht schwer zu finden.Sie vermutet, dass ein Typ, der eine Person in seinem Schlafzimmer fragt, woher sie wisse, wo er wohne, Gegenstände auf dem Dachboden oder unter den Dielenbrettern versteckt.»Zeig es mir«, sagt er und deutet mit dem Kopf auf das Geld.Sie schiebt den Aktenkoffer über das Bett zu ihm hinüber.Er tritt vor.Die zwanzig Riesen bestehen aus Fünfzig- und Zwanzigdollarscheinen.Sie sind fein säuberlich zu Bündeln gestapelt und mit Gummibändern umwickelt.In den letzten paar Jahren hat sie ihr Geld hauptsächlich mit Erpressung und Einbruchdiebstahl verdient, manchmal bei den Männern, die sie getötet hat, aber vor einigen Monaten ist sie an eine hübsche Stange Geld gekommen.Vierzigtausend Dollar, um genau zu sein
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