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.„Sag nicht solche Sachen.Deine neuen Herren würden dich dafür auspeitschen, weil es nach Negerzauber klingt.Verstehst du?“Tam…Tam, tam.Tam…Tam, tam.Die neuen Herren trafen am Vormittag ein.Sie hatten es eilig und ließen Raquel und Atima Imaoma keine Zeit, sich in Ruhe zu verabschieden oder gar zu weinen.Die beiden konnten sich nur noch ein letztes Mal umarmen.Dabei gab Raquel ihrer Freundin ein Versprechen.„Ich werde dich suchen.Eines Tages werde ich dich suchen gehen.“„Hü!“ Der Pferdekarren fuhr los in Richtung Mendoza.Raquel rannte ihm noch ein Stück hinterher und rief dabei mehrmals einen Gruß, den nur die beiden Mädchen verstanden.„Adiós, Atima Imaoma!“Adiós, antworteten die Trommeln.Die Dinge bewegen sich mit den Menschen.Sie reisen, gehen verloren, werden verkauft und gekauft.Sie überqueren das Meer.Oder sie liegen lange Zeit vergessen auf dem Boden einer Truhe.Das gilt auch für Spiegel.Einem kleinen Ebenholzspiegel kann vieles widerfahren.Irgendwann wurde er sogar– warum auch nicht?– zu einer Spende für die Befreiungsarmee.Für die heilige Sache der Freiheit wurden gespendet:– 2Goldringe– 5Einsteckkämme aus Schildpatt– 17Pferde– 1Messer mit Silberheft– 11Ponchos– 9Decken– 1Spiegel mit EbenholzrahmenWozu General San Martín den Spiegel wohl gebraucht hatte?Jahre später geschah etwas Seltsames, was mit dem Spiegel zu tun hatte.Damals reiste der kleine Spiegel mit dem Ebenholzrahmen erneut übers Meer, diesmal zum europäischen Kontinent.KAPITEL 2Spanien, Provinz ValenciaOktober 1818„Überschreite nie die Schwelle des Hauses, Dorel, nicht einmal mit den Augen.Draußen muss man stets mit dem Schlimmsten rechnen, und man kann nie vorhersehen, wo es sich verbirgt! Besonders in der Abenddämmerung! Wir wissen ja, welche Gefahren im Dunkeln lauern.Es ist gut möglich, dass die Mauren umherstreifen, auf der Jagd nach Köpfen, die sie aushöhlen, um sie als Kochtöpfe zu verwenden.Ich habe dir bereits erzählt, dass sie das machen, nicht wahr?“„Aber…“„Hast du ‚aber‘ gesagt? Zweifelst du etwa an den Worten von Maria Petra? Da gibt es kein Aber! Denk immer daran, dass die Gefahren hier so zahlreich sind wie die Fliegen.Apropos Fliegen, habe ich mit dir schon über die neuen Fliegen gesprochen, die ihre Giftstachel in die Gesichter von Schlafenden stechen? Und am nächsten Morgen erwachen die armen Opfer mit einem blauen Nesselausschlag.Und wehe ihnen, wenn sie sich kratzen! Dann dringt das Gift der Fliegen in ihren Körper ein und gelangt auf direktem Weg zum Herzen.Und dort bildet sich– wie soll ich das jetzt nur beschreiben?– ein Nest, eine Kolonie, ein ganzes Land voller Fliegen…“Dorel zwang sich weiterzuessen und nickte zustimmend– wie immer.Maria Petra, die Besitzerin des größten Antiquitätengeschäfts von Valencia, hatte nur sehr wenige Haare.Und sehr viele Hirngespinste.Aus diesem Grund hielt sie die Fensterläden immer geschlossen.Offen blieb nur das Schaufenster, in dem sich alle möglichen Dinge türmten, die Maria Petra für wenig Geld gekauft hatte und später mit gutem Gewinn verkaufen würde.Ihr düsteres Haus hatte die triste Farbe eines Ortes, an den kein Sonnenlicht dringt.Und es hatte seine eigene Musik, die aus dem Quietschen der Türen, dem Knarren der Holzdielen und dem Brodeln eines Topfes bestand, in dem immer irgendein Kräutertee kochte.Maria Petra verließ ihr Haus bloß einmal im Monat, um einen Besuch zu machen.Sie lief um dreieinhalb Häuserblocks, stieg neun Stufen hinauf und klopfte an die Tür ihrer Tante, bei der sie genau eine Stunde lang blieb.Danach kehrte sie auf demselben Weg zurück.Das war die einzige Zeit, in der Dorel das Antiquitätengeschäft führte.Und in der er sich seinen Träumen hingeben konnte.Damals war es unter wohlhabenden Bürgern üblich, Waisenkinder bei sich aufzunehmen und großzuziehen.Sie mussten arbeiten und erhielten dafür Unterkunft und Verpflegung und so etwas Ähnliches wie ein Zuhause.Maria Petra redete sehr oft darüber.„Wenn ich daran denke, in was für einem Zustand du warst, als ich dich aus dem Waisenhaus holte, Dorel… Nur Haut und Knochen und völlig in dich gekehrt! Es ist nicht gut, zu viel nachzudenken.Das habe ich dir schon gesagt, nicht?“„Ja, Señora.“An jenem Tag hatte Maria Petra wieder einmal Lust, in Erinnerungen zu schwelgen.„Du warst sechs Jahre alt und so mager wie ein Thymianzweig.Ich brachte dich hierher und päppelte dich mit Kraftbrühe und Blumenkohlpüree auf.Ich zeigte dir, wie man Metallgegenstände blank poliert, wie man Federkissen wäscht und viele andere wichtige Dinge, die ein so unbeholfenes Kind wie du sonst niemals gelernt hätte! Heute bist du ein wohlerzogener Jüngling von siebzehn Jahren.Und du bist sehr glücklich.Ist es nicht so, Dorel?“„Ja, so ist es, Señora.“Maria Petra schob den Teller voller abgenagter Knochen beiseite.Selbstzufrieden, weil sie ein so guter Mensch war, verschränkte sie die fleischigen weißen Arme über dem Tisch.„Ich erlaube dir sogar, jeden Samstag diesen neunmalklugen Lehrer zu empfangen, der mit seinen dicken Büchern ankommt und dir erzählt, dass dieser oder jener Fluss hier oder dort entspringt und dass dieses oder jenes Tier diese oder jene Gewohnheiten hat.Ich sehe zwar keinen Nutzen darin, solche Dinge zu wissen.Aber dir gefällt der Unterricht, nicht wahr?“„Oh ja, sehr, Señora!“, erwiderte Dorel.Zum ersten Mal während des Gesprächs wirkte er ehrlich begeistert.Für Dorel war dieses Leben das einzig mögliche.Doch er hatte einen großen Traum, auf den Maria Petra auch sogleich zu sprechen kam.„Ich muss sagen, dass ich es mit dir gar nicht so schlecht getroffen habe.Es gibt Schlimmere als dich, so viel steht fest.Zöglinge, die ihre Gönner sogar bestehlen.Du bist nicht übel, das muss ich zugeben.Wäre da nur nicht…“ Maria Petra trommelte mit den Fingern auf den Tisch.„Wäre da nur nicht diese leidige Sache mit dem Geigespielen.“Dorel hörte zu und blickte auf seine Hände.Eines Tages war eine Geige im Antiquitätengeschäft gelandet.Damals strich Dorel den Bogen über die Saiten, erstaunlich geschickt für jemanden, der das noch nie getan hatte.Und er konnte den Klang nicht mehr vergessen.„Dorel, ich habe dir schon mehrmals gesagt, dass die Musik auf einer Hexenhochzeit erfunden wurde.“ Maria Petra hatte den Ton angeschlagen, in dem sie ihre Schauergeschichten erzählte.„Es heißt, dass eine Hexe zur Hochzeit einer Cousine eingeladen wurde.Sie erschien und genoss das Festessen.Doch als die Geschenke überreicht wurden, fiel ihr ein, dass sie nichts für die Braut dabeihatte.Da kam sie auf die Idee, ihren hässlichen Mund mit den großen schiefen Zähnen zu öffnen und loszuträllern.So entstand die Musik, Dorel! Du hast gut daran getan, sie zu vergessen!“Dorels Adern vibrierten wie Saiten
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