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.Ich habe gespürt, dass ich sie nicht verärgern durfte.Es bestand die Gefahr, dass sie meiner Mutter etwas antun würden, wenn ich mich nicht fügte.Und so habe ich mich gefügt: Ich hörte auf, nach ihr zu rufen, aber ich hörte nicht auf, an sie zu denken.Sonst hätte ich all die Geräusche nicht ertragen.Sie kamen von überall her, belagerten mein Zimmer.Das Gemurmel hinter der Tür, das Wimmern von Kindern, die in den Nebenzimmern eingeschlossen waren, wie Kakerlaken auf meinem Gesicht, wie Fliegen, die an meinem Trommelfell knabberten.Selbst wenn ich den Kopf heftig hin und her schleuderte, schaffte ich es nicht, sie abzuschütteln.Sie klebten an mir fest, fraßen sich in meinen Schädel, ohne jemals aufzuhören.Ich hätte mir gern mit beiden Händen die Ohren zugehalten und mich unter das Bett verzogen, eingerollt zu einer festen Kugel.Das hätte mir vielleicht geholfen, diese dichte, aus gedämpften Tönen gewebte Stille wiederzufinden, die mich früher beschützt hat, als ich in meinem dunklen Kokon lag.Aber ich war festgeschnallt und ohnehin so schwach, dass ich höchstens das klägliche Miauen eines verlorenen Kätzchens zustande brachte.Jeden Nachmittag wurde ich vom Bett losgeschnallt, in einen Rollstuhl gesetzt und anschließend in einen großen Hof geschoben, damit ich frische Luft schnappen konnte.Das war grauenhaft, wegen des Lichts, das mir trotz dunkler Brille in den Augen brannte, vor allem aber wegen der Hubschrauber.Damals patrouillierten sie dauernd über der Stadt, Sie erinnern sich sicher.Es war ein paar Jahre nach den Ereignissen, und es herrschte noch die höchste Sicherheitsstufe.Beim ersten Mal bin ich in Panik geraten.Ama, Ama, Ama.Sie haben mich schleunigst wieder hineingeschoben.Hast du es schon vergessen? Du sollst deine Mama nicht mehr rufen.Du darfst sie nicht mehr rufen! Ich hörte ihren Stimmen an, dass sie verärgert waren.Ich habe an den Herrn gedacht, der mich besucht hatte, an seine drohenden Augen.Und dann bin ich im Rollstuhl ganz klein geworden.Ama.Ich hatte Angst um sie, und das war noch schlimmer als die Hubschrauber.Von da an war ich sehr vorsichtig.Kaum hörte ich in der Ferne das dumpfe Summen der dicken, gedrungenen Hornissen und ihre schweren Flügel, die die Luft durchschnitten, stopfte ich mir die Ohren zu, biss mir auf die Unterlippe und schloss die Augen.Keine Angst, die tun dir nichts.Sie beschützen uns doch.Bald sind sie weg.Ich hörte nicht hin.Insgeheim flehte ich meine Mutter um Beistand an, sie war die Einzige, die dem Krach all dieser Ungeheuer, die über mich herfielen, Einhalt gebieten konnte.Nach und nach ist meine Erinnerung verwischt – vermutlich wegen der vielen Beruhigungsmittel, die ich schlucken musste.Schleichend lösten sie mein Denken auf, löschten meine Vergangenheit aus.Ich erinnerte mich ganz deutlich an den Moment, als die schwarzgekleideten Männer uns auseinandergerissen hatten – und wie ich mich daran erinnerte –, aber sonst war alles wirr.Ein Durcheinander loser Eindrücke, die keinerlei Sinn ergaben.Daraus stach ein klares Bild heraus, ein einziges, keine Ahnung, warum es ausgerechnet dieses war: eine kleine Grünanlage mit einem Karussell voller Kinder.Ich stecke mittendrin, die größeren schubsen mich.Trotzdem lache ich, drehe mich mit der Drehscheibe im Kreis und sehe bei jeder Runde meine Mutter, die mit anderen Frauen auf einer Bank sitzt.Die anderen Frauen sind hässlich, die Haut von Allergien zerfressen, das Lächeln von Zahnstümpfen entstellt.Neben ihnen sieht meine Mutter aus wie eine Königin, ein Engel, dem der allgemeine Verfall wundersamerweise nichts anhaben kann.Um sie nicht zu vergessen, beschwor ich die Szene immer wieder herauf, die Grünanlage, das Karussell und das unversehrte Gesicht meiner Mutter.Aber das hat nicht viel genützt: Die Beruhigungsmittel haben mein Gedächtnis immer weiter aufgezehrt, mein Engel ist jeden Tag ein Stückchen höher entflogen.Jeden Morgen wurde ich gestreichelt, mal kam ein Mann, mal war es eine Frau.Minutenlang strichen sie mir über den Handrücken, ließen ihre Finger dann langsam auf meine Handfläche gleiten und umschlossen sie schließlich, ohne Druck auszuüben.Ich verkrampfte mich unter den Gurten – es war so abstoßend.Aber ich versuchte erst gar nicht, mich zu wehren.Es hätte keinen Sinn gehabt: Ich war ihnen ausgeliefert.Nach der Hand kamen die Arme dran, die Schultern und der Hals.Dann die Füße, die Fesseln, die Waden, die Oberschenkel.Streicheleinheiten, Massageeinlagen, mal zart, mal kraftvoll, die mich fast ohnmächtig werden ließen.Im Lauf der Monate wurde der Ekel schwächer.Ob aus Gewöhnung oder Resignation oder beidem, kann ich nicht sagen.Ich schaffte es, mich an jeder beliebigen Stelle berühren zu lassen, ohne mich zu sträuben, ohne mich dagegen aufzulehnen.Ich war nicht mehr die wilde kleine Bestie, die sie damals aufgenommen hatten.Ich war fügsam geworden, hatte mich zähmen lassen, wenn man so will.Die Verwandlung fand jedoch nur an der Oberfläche statt, mein wahres Wesen blieb davon unberührt
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