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.Ein deutsches Kinderlied übrigens.»Hänschen klein ging allein in die weite Welt hinein.Stock und Hut steht ihm gut, ist gar wohlgemut.Aber Mutter weinet sehr, hat ja nun kein Hänschen mehr.«Spätestens ab dieser Zeile ist es vorbei mit dem Wohlgemutsein.Schuldgefühle, Reisefieber, Trennungsangst stellen sich ein und überschatten den Aufbruch.Vor jeder meiner Reisen gibt mir meine Mutter eine Abschiedsaudienz in ihrer schönen Villa mit den großen Rhododendronbüschen davor, der weißen Fahnenstange und dem kunstvoll verwilderten Garten hinter dem Haus, den sie trotz ihres Alters mit großer Beharrlichkeit pflegt.Diese Abschiede sind ein Ritual.Immer haben sie den Charakter von Endgültigkeit, unsere kleinen Beerdigungen, in denen wir beide wohl jedesmal die Hoffnung begraben, einander zu verstehen.Während meiner letzten Reise hatte meine Mutter eine Herzattacke.Seitdem ist sie aufgeblüht.Sie hat jetzt rote Bäckchen und sieht wie ein kleines Mädchen aus, das sich in die Puppe verwandelt hat, mit der sie am liebsten spielt.Wie gewöhnlich gab sie mir auch diesmal Anweisungen, wie ich mich zu verhalten hätte.Sie war nicht von der fixen Idee abzubringen, daß ich es mit lauter Russen zu tun bekäme.»Die Russen sind grausam«, sagte sie.»Aber sie verstehen etwas von Tee.Ich rate dir, mein Sohn, dich auf nichts anderes mit ihnen einzulassen als auf Teetrinken.« - »Ich fahre nach Ostdeutschland, Mutter«, hatte ich erwidert, »dort gibt es vermutlich kaum mehr Russen als hier, jedenfalls nicht nach der Wende.«Ihre tiefe Stimme, die so gar nicht zu ihrem gebrechlichen Körper paßt, klang zornig, als sie antwortete: »Das ist typisch für dich, die Dinge zu verharmlosen.Ich sage dir noch einmal, es sind Russen, die allermeisten jedenfalls.Russen können sich gut verstellen.Aber du erkennst sie an ihrem düsteren Blick.Russen gucken immer, als ob sie jemanden umgebracht hätten, und viele haben es auch.«Ich wußte, es war zwecklos, ihr zu widersprechen.Ich bedankte mich also für ihre Ratschläge und ging, wie immer zugleich enttäuscht und von Liebe bewegt.Wie viele meiner Landsleute verspüre ich zu Deutschland so etwas wie eine treue Haßliebe.Ich bewundere die deutsche Kultur, die Sprache, in der sich so vieles zwischen den Zeilen sagen läßt, vor allem aber verehre ich die Musik.Die Lieder zum Beispiel.Kein anderes Land hat Lieder hervorgebracht wie das »Heideröslein«, so duftend, so sanft.Aber ich fürchte auch die Dornen, die Gewalttätigkeit, die in jener unklaren Mischung aus Begabung und Untertanengeist schlummert.Diesmal würde ich also in den Osten dieser Nation reisen, die sich erst vor kurzem aus einer schizophrenen Doppelexistenz verabschiedet hatte.Vereinigungen sollten etwas höchst Erotisches sein, etwas, das wärmt und stark macht.In diesem Fall jedoch schien es sich, wie ich den Berichten der Medien entnahm, um eine Kernfusion zu handeln, die keine Energie freisetzte, sondern in großen Mengen verbrauchte.Ich kannte bisher nur die ehemalige Bundesrepublik.Ich hatte dort einige Male meinen Urlaub verbracht, am Rhein zumeist, zu dem wir Niederländer eine seltsam verbissene Liebe verspüren.Vielleicht, weil sein trübes Wasser zuletzt durch unsere Wiesen strömt mit seiner heimlichen Botschaft von Weinbergen, Märchen und schon auf der Höhe von Basel verlorengegangenem Gletschergrün.Auch jetzt hatte ich mich zu einem kleinen Umweg über den Rheingau entschlossen, obwohl der Brief meines Freundes recht bedrohlich geklungen hatte.Doch Hilferufe dieser Art sollten nicht zu übereiltem Handeln verleiten, sonst wird man von der in ihnen zumeist enthaltenen guten Portion Hysterie angesteckt.Als die Weinhänge des großen Vaters Rhein auftauchten mit all ihren wie Dekorationen wirkenden Spielzeugruinen, setzte ich mich in das Zugrestaurant und bestellte ein Viertel Weißen.Die Landschaft wirkte melancholisch in ihren ockerund blaugrauen Tönen, die mich an Bilder von Braque erinnerten.Ein wohliges Gefühl überkam mich in der Wärme des Speisewagens bei der sich in der Scheibe spiegelnden Tischlampe mit ihrem gelben Röckchen.Es war noch einer jener alten Waggons, die von der gastronomischen Idee eines rollenden Kellerrestaurants geprägt sind, eine Atmosphäre, in dem man Züricher Kalbsgeschnetzeltes essen muß.Eigentlich ist es ein Jammer, dachte ich, während ich das zweite Fläschchen bestellte und eine Portion Kalbsgeschnetzeltes, daß es den Namen Bundesrepublik nicht mehr gibt.Er hatte so etwas charmant Provisorisches, im Gegensatz zu »Deutschland«, diesem schwerblütigen Wort, das mit seiner geschichtlichen Tiefe, seinem dunklen Klang nach Wäldern, Wagner und Kant bei den Angehörigen eines kleinen Kaufmannsvolks fast zwangsläufig eine von Staunen und Mißtrauen marmorierte Bewunderung erwecken muß, denn wir haben solche Waren in unseren von Gewürzen, Fischen, Tulpenzwiebeln und Tomaten gefüllten Kellern nicht zu bieten.Gäbe es nur einen einzigen Weinberg in den Niederlanden, ich glaube, die Situation sähe völlig anders aus.In Aßmannshausen ging ich in dasselbe Hotel wie vor zwei Jahren [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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